Bauen für das Kribbeln im Bauch
Überdimensionale Wildschweine oder mannshohe Äpfel. Die Spielplätze des dänischen Unternehmens «Monstrum» sind alles, aber sicher nicht Standard.
Die Spielplätze des dänischen Unternehmens «Monstrum» sind alles, aber sicher nicht Standard. Ole Barslund Nielsen, neben Christian Jensen einer der beiden Gründer, gibt im Interview einen Blick hinter die Bau-Kulissen.
Ole, hier in der Werkstatt wird gerade ein riesiger Wal gebaut, ausserdem ein Wildschein und ein Apfel samt Schlange aus dem Paradies. Wo nehmt Ihr Eure Ideen her? Schaut Ihr Märchen und Disneyfilme, oder wie läuft das ab?
Nicht wirklich (lacht). Es ist doch immer schwer zu wissen, woher Inspiration kommt. Wir machen hier etwas, das wir alle selber wahnsinnig spannend finden. Bei dem, was herauskommt, ist es wie mit einem guten Geschenk: Da gibst Du auch etwas, das Du vielleicht gern selber hättest jemand anderem, dem es hoffentlich genauso gut gefällt.
Und wir sind irgendwie einfach gut drin zu wissen, woran Kinder Spass haben. Ein Korpus ist wichtig, Höhenunterschiede, Dimension … Deshalb heissen wir auch «Monstrum». Monster sind für Kinder einfach unheimlich spannend. Der Wal soll einmal 2,6 mal 11 Meter gross werden, das Wildschwein misst 4 mal 6 Meter. Das ist schon aussergewöhnlich.
Kinder, die mit Holzklötzen bauen, fangen ja normalerweise einfach an, ohne grossen Plan. Macht Ihr das etwa genauso?
Bei uns ist das etwas komplizierter. Unsere grösste Konkurrenz sind Hersteller von Standardspielplätzen, die dem Kunden im Katalog vorab genau zeigen können, was sie bekommen und was es kostet. Das erwarten unsere Auftraggeber auch von uns, nur ist es bei uns mit mehr Arbeit verbunden, weil wir jeden Spielplatz individuell entwerfen und auch bei jedem Spielgerät die Sicherheit überprüfen und gewährleisten müssen. Da gehen wir also anders vor als Kinder. Aber vielleicht mit ähnlich viel Fantasie und Enthusiasmus.
Wenn ein Kind vor einer Kletterwand steht, dann soll das schon zu Magenkribbeln führen.
Ole Barslund Nielsen
Kann man überhaupt spannende Dinge bauen, wenn man immer auch die Sicherheit im Auge behalten muss?
Wir möchten vor allem dafür sorgen, dass Spielplätze nicht langweilig sind. Das geht nicht ganz ohne ein Gefühl von Gefahr. Wenn Kinder nicht motorisch und sensorisch herausgefordert werden, dann lernen sie nicht, Chancen und Risiken zu bewerten. Natürlich soll ein Spielplatz nicht gefährlich sein, aber eben fordernd – und dabei ein wenig gefährlich aussehen. Wenn ein Kind vor einer Kletterwand von uns steht, dann soll das schon zu Magenkribbeln führen. Wenn es auf einer grossen Plattform steht und es mit der Rutsche ziemlich steil nach unten geht, genauso. Oder aber der Apfel, den wir gerade bauen – der ist eine Art dreidimensionales Labyrinth, nach dem Erkunden führt eine Rutsche die Kinder dann wieder nach unten. Und der Wal wird keine Kletterwand, die vorschreibt, wo genau es hochgeht. Man muss sich seinen Weg nach oben selber bahnen, um dann wieder runterzurutschen. In den Wal, das Wildschwein und den Apfel können die Kinder auch reinkriechen.
Du selber bist nicht etwa Ingenieur oder Schreiner, sondern bildender Künstler. Wie kam es, dass Du Spielplätze baust?
Unser Unternehmen gibt es jetzt seit rund 15 Jahren. Damals war ich in einer Elterngruppe des Kindergartens meines Sohnes, und wir sollten zusammen einen Spielplatz auswählen. Die Standard-Spielplätze, die wir finden konnten, waren weder für uns Eltern noch für unsere Kinder besonders ansprechend. Einfach nichts Aussergewöhnliches. Beruflich arbeitete ich zu der Zeit mit Bühnenbildern im Theater und konnte gut sehen, dass eine Szenografie und ein Spielplatz viel gemeinsam haben. In beiden Fällen wird etwas Grosses gebaut, das die Leute unterhalten soll: Es gibt eine Fassade, die eine Stimmung und Geschichte vermittelt, und eine Rückseite mit Funktionen.
Also probierte ich es einfach aus und entwarf meinen ersten Spielplatz: eine Rakete und einen Turm. Inzwischen sind wir ein Team von knapp 40 Leuten, das schon auf rund 230 gebaute Spielplätze zurückblickt. Kleinere können wir schon mal binnen zwei Monaten liefern, aber wir haben auch Projekte, die mehrere Jahre dauern.
Eigentlich sieht das meiste in Eurer Werkstatt ziemlich bodenständig aus. Kann das jeder?
Das ist sicher für viele das Faszinierende daran. Wer in seine Garage schaut und sieht, was da so an Holz und Werkzeug rumliegt, denkt vielleicht schnell, dass er damit ähnliche Figuren bauen kann wie wir. Nur, um es dann perfekt zu machen, gehört dann noch mehr dazu. Eine Herausforderung ist zum Beispiel, organische und runde Formen mit graden Brettern zu bauen. Nehmen wir das Wildschwein, bei genauerem Hinsehen erkennt man, wie kompliziert die Konstruktion ist. Und das ist ja nur die äussere Form. Im Inneren passiert ja auch viel, was geplant und umgesetzt werden muss. Es ist eben ein echtes Handwerk. Und genau das macht uns Spass.
Text: Clemens Bomsdorf | Fotos: Kasper Palsnov
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Wer sehen möchte, was für einen Spielplatz Ole und Christian von «Monstrum» als Nächstes bauen, kann ihnen hier folgen.