«Lavabrum Luxurium», ein mittelalterliches Badehaus, aufgebaut auf einem Kfz-Anhänger. Mit ihm fährt Daniel Schulz zu Mittelaltermärkten in ganz Europa, um dort das Handwerk des mittelalterlichen Baders vorzuführen.

Das «Gestänge» – hohle Balken – ist grösstenteils am Anhänger befestigt. Vollständig ausgeklappt wird aus einem 2,44 Meter breiten und 4,86 Meter langen Anhänger ein 13 x 6,5 Meter grosses und drei Meter hohes mittelalterliches Badehaus mit vier Räumen: links das Umkleidezelt mit Kleiderhaken und einem Klapptisch, der die Deichsel verdeckt. Und selbst gebauten Bänken, die den Aufbau stabilisieren. Hinter dem Anhänger entlang geht’s zur Dusche. In den runden hölzernen Wannen können zwei Personen gleichzeitig duschen, bevor sie in das Herz der Anlage dürfen: den Raum mit den beiden Badezubern. Im grossen können es sich bis zu acht Personen gleichzeitig gut gehen lassen, im kleinen bis zu fünf. Und das mit grösstmöglichem Komfort: Auf den Ablageflächen der Zuber haben die Gäste ihre Getränke, wasserfeste Spiele oder Bücher in Reichweite. Für eine entspannte Atmosphäre im Schummerlicht sorgen bemalte Fenster aus Acrylglas, die in die Balken eingesetzt sind und hinterleuchtet werden. Daneben gibt es noch das Massagezelt. Natürlich.

Daniel Schulz, 41 Jahre alt, aus Berlin. Auf Mittelaltermärkten kennt man ihn als Rufus. Der ausgebildete Medienassistent arbeitete viele Jahre als Beleuchter am Theater. In seiner Freizeit bereiste er als Gaukler, Stelzenläufer und Künstler Mittelaltermärkte und half 15 Jahre lang in einem Badehaus aus. Dann machte er sein Hobby zum Beruf, wurde sein eigener Chef: mit einem Badehaus, selbst gebaut nach seinen Vorstellungen. Und konnte sein anderes Hobby, handwerklich zu arbeiten, perfekt damit verbinden.

Von Anfang an hatte er genaue Vorstellungen, wie sein Badehaus aussehen soll. Im August 2016 begann er mit der Planung. Erstellte mithilfe einer Software ein 3-D-Modell. Das Hauptproblem dabei: Die Basis, der Kfz-Anhänger, sollte im Betrieb komplett unsichtbar sein.

Ein halbes Jahr später war es dann endlich so weit: Der Plan stand, der Bau begann. Immer unterstützt von seiner Freundin Julchen. Zuerst war das Badehaus aus Multiplex dran: erst mal alles auf Massschneiden. Klappbalken, Tische. Dächer. Daniels stetiger Begleiter dabei: seine Tauchsäge mit Schienensystem. Dann setzte Daniel die Teile zusammen. Die geleimten und verschraubten Stellen glättete er mit dem Exzenterschleifer und dem Deltaschleifer, lasierte und versiegelte mit einem stossfesten, seidenmatten PU-Lack. Machte alles mit rund 5000 Schrauben fest. Lief doch. Oder?

Leider nicht. Mitten im Bau musste Daniel den Bauplatz wechseln. Raus aus einer Lagerhalle kurz hinter Hamburg auf einen Platz in Hessen. Und es musste schnell gehen. Also verlegte Daniel den Fussboden aus Lärchenholz im Akkord, damit er die zwei Badezuber fest auf dem Hänger verankern konnte. Danach zog er mit Sack und Pack und der Hilfe seiner Freunde um.

Am neuen Standort baute Daniel die Balken auf dem Hänger auf, installierte die Wände und brachte das Dach an. Das war geschafft. Dann die Details: die Montage der tausend Einzelteile, zum Beispiel der kleinen gotischen Spitzbögenfenster, die in die Balken eingelassen wurden.

Daniel Schulz

Ausserdem brauchte das Badehaus Strom, Gas sowie Frischwasser- und Abwasserleitungen. Daniel baute am Hänger einen CEE-Stecker an. Verlegte alle Stromleitungen, Steckdosen und Schalter und schloss sie an. Er verwendete ein normales PE-HD-Rohr mit Quetschverbindungen als Frischwasserleitung, verklebte die Abwasserleitung aus PVC-Rohr. Dann installierte er bei den Zubern eine aufwendige Filter- und Umlauftechnik. Zum Schluss kam der Gas-Fachmann vorbei: Er installierte Gasschrank, Thermen und die Gasleitung. Seitdem erfolgt jedes Jahr eine Gasdruckprüfung.

Seit rund 25 Jahren fährt Daniel auf Mittelaltermärkte. Lernte alles über Badehäuser. Und wusste, was er anders machen würde. Es war Zeit für sein eigenes Projekt: Sein Badehaus sollte nicht nur technisch perfekt ausgestattet sein, sondern auch optisch seinen Vorstellungen entsprechen. Und praktisch sein. Durch die Klappbalken zum Beispiel, die den Auf- und Abbau erleichtern. Wichtig war ihm auch, selber entscheiden zu können, welche Produkte im Badehaus verwendet werden. Das kann er jetzt. Und setzt auf kontrolliert biologischen Anbau: vom Massageöl über das Waschmittel bis zum Duschgel.

Sehr teuer. Mehr möchte Daniel dazu nicht sagen. Aber nach rund viereinhalb Monaten Arbeit, neun Stunden am Tag, fünf bis sieben Tage die Woche, war sein Badehaus fertig – und startklar, um Europa zu bereisen.

Text: Esther Acason | Fotos: Daniel Schulz