Der Mann, der alles erleuchtet
Das Spiel mit dem Feuer – in Handarbeit formt Paul in seiner Londoner Werkstatt Glasrohre. Entzündet darin Edelgase – und es ward: Neonlicht. Ein Werkstattbesuch.
Die kleine Werkstatt strahlt wie der Broadway bei Nacht: Rosa Herzen, gelbe Sterne, hellblaue Pfeile und der Slogan «Signs with Soul» leuchten in grellen Farben an der Wand. Paul Charlton hat alle seine Werke angeknipst. Um einfach mal ihr Licht wirken zu lassen. Um den Zauber zu entfesseln: die schrille, geheimnisvolle, wunderbare Magie des Neon.
Paul stellt seit knapp 34 Jahren Neon-Zeichen her. In Handarbeit formt er hier, in seinem Studio im Norden von London, aus Glasröhrchen komplexe Kunstwerke. Vieles, was man heute als Neon verkauft, ist in Wahrheit LED-Licht. Paul hingegen arbeitet traditionell: Er formt Glasrohre und entzündet darin die Edelgase Neon und Argon mit Strom. Wie die Erfinder des Neonlichts das schon vor hundert Jahren gemacht haben.
Paul Charlton
«Dieser Job ist schwer zu lernen, man braucht viel Übung und Erfahrung, nicht jeder hat heute noch Geduld dafür», sagt er. Dann entzündet der Neon-Meister zwei Gasbrenner, auf denen blaue Flammen tanzen. Schnell wird es in der fensterlosen Werkstatt warm. Paul wischt sich den Schweiss von der Stirn. «Bei meinem Job kommt man schnell ins Schwitzen, darum bin ich so schön schlank», sagt er und grinst.
Das Geschäft läuft, doch es mangelt an Nachwuchs. Pauls Hoffnung: Sein sechzehnjähriger Sohn könnte ihm nachfolgen: «Als erstes zeige ich ihm, wie man ein rosa Herz macht.» Paul juniors Freundin dürfte nichts dagegen haben.
Text: Reinhard Keck I Fotos: Greg Funnell