Wohnen im Mehlsilo
Ein fensterloser Quader aus Backstein, ohne Etagen oder Zimmer, dafür mit sechs riesigen Silos – das sollte ein Zuhause sein? Wurde es. Und das Lebensprojekt von Korinna und René Knackstedt.
Die Immobilie, um die es geht: ein altes Backsteingebäude mitten in der Neustadt von Quedlinburg (Harz) in Sachsen-Anhalt. Das fensterlose Mehllager gehörte zu einer Grossbäckerei, die nach der Wende pleite war. René – gelernter Zimmerer- und Tischlermeister, inzwischen Angestellter für die Konstruktion und Produktion von Dachstühlen – hat das alte Mehllager entdeckt. Rund 360 Quadratmeter Wohnfläche, seit 15 Jahren ungenutzt, zugestellt mit sechs Silos. Dazwischen: nur zwei schmale Gänge. Nichts als verschenkter Platz.
Das Paar kaufte das Mehllager für 5.000 Euro. René baute sofort ein 1×1 Meter grosses Modell. Und Korinna? Freundete sich langsam mit dem Gedanken an, in einem Mehlsilo zu wohnen. Beiden war von Anfang an klar: Ihr Haus sollte modern und lichtdurchflutet sein. Vieles wollten sie selbst umbauen. Ansonsten viel Ursprüngliches beibehalten. Darunter auch die 65 Zentimeter dicken Wände. Sie zeugen noch heute davon, dass das Gebäude 1890 als Eislager für eine Brauerei gebaut worden war – lange bevor es ab 1960 von der Bäckerei genutzt wurde.
Und heute? Findet man überall im Gebäude Details aus vergangener Zeit: unverputzte Wände, die den Blick auf das massive Gebäudefundament eröffnen, und eine freie Treppe, die die Ebenen verbindet und den Fabrikcharakter bewahrt. Genau so hat es sich das Ehepaar gewünscht, genau so umgesetzt. Und es geht weiter. Denn fertig sind sie mit ihrem Haus noch lange nicht. Dafür haben sie einfach zu viele Ideen – und zu viel Spass am Bauen.
Text: Stefanie Matousch | Fotos: René & Korinna Knackstedt, Christian Werner